Historische Traktoren

Traktorschrauber Schwabenheim

Verbreitung des Traktors

Die technische Entwicklung und Verbreitung des Traktors

Dieser Bericht will sich mit dem Trecker als Zugmaschine in der Landwirtschaft beschäftigen. Er versucht die Fragen zu klären, wo und unter welchen Voraussetzungen er entwickelt wurde und wann und unter welchen Bedingungen diese neuartige Maschine in der deutschen Landwirtschaft Einzug hielt.

Ein Großteil dieser Arbeit befasst sich mit der technischen Weiterentwicklung des Schleppers, was allerdings unvermeidlich erschien, da Technik und Weiterentwicklung der Traktoren immer in engem Zusammenhang mit Verbreitung, politischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten wie auch mit der Akzeptanz bei den Landwirten standen.
Die erste bahnbrechende Erfindung, die erstmals die Mechanisierung der Landwirtschaft vorantrieb, ist zweifelsohne die Dampfmaschine von James Watt. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts bastelten Engländer an ihrer Verwendung in der Landwirtschaft. So entwickelte Alexander Dean beispielsweise 1841 eine Dampfmaschine, die Dreschmaschinen antrieb. Er stellte die Dampfmaschine auf einen Anhänger und ließ sie von Pferden zu den Bauernhöfen mit den Dreschmaschinen ziehen.
Zu dieser Zeit wurden viele sogenannte Lokomobile gebaut, die zwar auch selbst fahren, aber nicht gleichzeitig dabei eine Maschine ziehen oder antreiben konnten. Doch ihr Aussehen prägte die Schlepperentwicklung nachhaltig. An selbstfahrenden, mit Dampf betriebenen Schleppern wurde zwar auch fieberhaft gearbeitet, jedoch scheiterte deren Durchbruch am Eigengewicht von bis zu 20 Tonnen! Es schien also unter diesen technischen Voraussetzungen eine Idee ohne Zukunft, selbstfahrende Schlepper für die Landwirtschaft zu konstruieren.
So gab man sich zunächst mit der indirekten Traktion zufrieden, die darin bestand, dass eine und oder auch zwei Lokomobile ein landwirtschaftliches Gerät antrieben. Eine der interessantesten Erfindungen ist hier sicherlich der Dampfpflug von John Fowler aus dem Jahre 1856:
Zwei Lokomobile standen jeweils am Feldrand auf den gegenüberliegenden Seiten und trieben eine Seilwinde an, die einen Kipp-Pflug hin- und herzog. Da diese Konstruktion allerdings so teuer wie ein mittlerer landwirtschaftlicher Betrieb war, konnte sie nur auf Großgütern rentabel eingesetzt werden. Mit Hilfe des Schwaben Max Eyth, der in Fowlers Betrieb als Verkäufer arbeitete, gelang den Briten gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch der Export ihrer Dampfpflüge bis nach Ägypten.
Auch in Deutschland bestand gerade auf den Großgütern ab 150 ha der Bedarf nach maschineller Hilfe und so konnten sich im deutschen Kaiserreich immerhin 2.239 Betriebe 1907 eine Dampfpfluglokomobile leisten.
Doch diese schwergängigen, komplizierten und auch nicht gerade ungefährlichen Ungetüme wurden schließlich spätestens in der Zwischenkriegszeit von einer neuen Generation von Ackerfahrzeugen verdrängt: dem Traktor mit Ottomotor, den Nikolaus August Otto 1876 erstmals zum Laufen brachte.

In den USA

Da der Urtyp des uns heute bekannten Traktors aus den USA stammt und dort praktisch erfunden und stetig weiterentwickelt wurde, erscheint es sinnvoll, zunächst einen Blick über den "Großen Teich" zu werfen und die dortige Entwicklung der Zugmaschine etwas näher zu betrachten.
Die amerikanischen Traktoren haben die deutsche Technik zwar beeinflusst, doch die unterschiedlichen landwirtschaftlichen, gesellschaftlichen und vor allem auch die politischen Verhältnisse bewirkten, dass die amerikanische Technik an die mitteleuropäischen Bedingungen angepasst werden musste und nicht ohne wichtige technische Veränderungen übernommen werden konnte. Trecker tragen also immer jeweils nationale Signaturen der technischen Entwicklung ihres Heimatlandes.
Um 1890 arbeiteten mehrere Firmen an der Entwicklung eines Schleppers, der statt mit Dampf mit dem neuen Ottomotor lief und somit um vieles leichter und beweglicher war. Als der erste gilt der von John Charter 1889 in Illinois entwickelte Traktor, von dem nur sehr wenige Exemplare hergestellt wurden. In Pennsylvania begannen John Froelich und die Gebrüder Dissinger 1892 ebenfalls mit der Schlepperherstellung. 1902 gilt als das Geburtsjahr der Schlepperindustrie, denn in diesem Jahr wurde das erste Unternehmen, "Hart-Parr" in Charles City/Iowa, gegründet, das sich ausschließlich auf die Schlepperherstellung spezialisiert hatte.
Der Schlepperbau in den USA wuchs rasch: 1909 wurden 2.000 Traktoren hergestellt, 1912 waren es bereits 12.000. Im Schlepperbestand verlief die Entwicklung ähnlich rasant: Innerhalb von vier Jahren stieg der Bestand von 1.000 Stück im Jahre 1910 auf stattliche 17.000 an. 1918 waren es dann schließlich 85.000 Traktoren, die in den Vereinigten Staaten die Arbeit von schätzungsweise 250.000 Männern und 1,5 Mio. Pferden erledigten.
Die Gründe für diese rasante Entwicklung und Ausbreitung des Schleppers liegen in der Eigenheit der amerikanischen Landschaft begründet: Das riesige Land war relativ dünn besiedelt, und für die großen Nutzflächen fehlte die entsprechende Anzahl von Landarbeitern. Nur mit dem Einsatz technischer Hilfsmittel konnte das Land also effektiv bewirtschaftet werden. Maschinen, die Arbeitskräfte einsparten, waren somit sehr willkommen. Besonders im Mittelwesten mit seinen gigantischen Weizen- und Maisanbaugebieten war der Trecker als Zugmaschine sehr früh verbreitet.
Doch auch der frühe Einsatz des Verbrennungsmotors in der Landwirtschaft liegt in der Besonderheit der amerikanischen Landschaft und ihrer Bodenschätze begründet: Bei der aufgrund der immensen Erdölvorkommen hohen Petroleum- und Leuchtölherstellung fiel Benzin als Abfallprodukt an und war entsprechend preisgünstig. Es erscheint heute unvorstellbar, dass die Nordamerikaner den Abfall Benzin in Flüsse geschüttet oder es auf dem Ozean verbrannt haben. Dieser Umstand und die Notwendigkeit des Maschineneinsatzes förderten die rasche Ausbreitung des Traktors in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Im fernen Europa fanden die amerikanischen Schlepper kein großes Echo, denn dort spielten die Traktorenindustrie und der Schleppereinsatz in der Landwirtschaft bis zum Ersten Weltkrieg keine entscheidende Rolle. Zwar wurden in England bereits um 1900 erste Prototypen und Entwürfe erstellt, doch die Traktoren konnten sich noch nicht gegen die populäre Dampfmaschine durchsetzen, und bis 1914 kamen etwa nur 500 Trecker zum Einsatz in der britischen Landwirtschaft.
Als Großbritannien aber im Ersten Weltkrieg durch die U-Boot-Blockade der deutschen Marine in arge Versorgungsengpässe geriet und bei den ständig geringer werdenden Lebensmitteleinfuhren so die eigene Landwirtschaft in Schwung bringen musste, aber unter einem großen Mangel an Arbeitskräften und -tieren litt und nicht selbst schnell genug Maschinen produzieren konnte, war der Bedarf an importierten Zugmaschinen so groß, dass amerikanische Traktoren wie der "Titan" und der "Waterloo Boy" diesen nicht decken konnten.
Diese Chance nahm der amerikanische Automobilkönig Henry Ford wahr und bot der britischen Regierung seine Hilfe an: Er versprach, zu einem günstigen Preis innerhalb kürzester Zeit 6.000 Traktoren nach England zu liefern, und baute eigens dafür binnen weniger Monate einen neuen Produktionszweig auf. Im April 1917 erging der Auftrag der britischen Regierung an Ford, und bereits im April 1918 lieferte er. Dies war die Geburtsstunde der preisgünstigen Schleppermassenanfertigung und des "Fordson Modell F": Bis 1920 wurden weltweit 162.666 Traktoren dieses Modelles produziert, von 1921 bis 1925 394.842 und von 1926 bis 1930 noch einmal 214.956. Dreiviertel aller neuzugelassenen Traktoren in den USA waren "Fordsons".

In Deutschland

In der 20er Jahren

Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges wurden in Deutschland überhaupt keine Traktoren in Serie produziert. Auch nach dem Krieg begann die Schlepperherstellung eher langsam. Der Bedarf an Zugmaschinen bei der Feldarbeit war nur in Großbetrieben vorhanden und wurde dort zunächst von den Dampfpfluglokomobilen gedeckt, später dann von den sogenannten "Spitzenbrechern", Ackermaschinen, die durch Verbrennungsmotoren angetrieben wurden und besonders für sehr arbeitsintensive, von Zugtieren nicht mehr zu bewältigende Aufgaben eingesetzt wurden wie die Ödlandkultivierung.
Doch für den Großteil der landwirtschaftlichen Arbeiten waren diese Maschinen noch nicht geeignet, was auch den stabilen Pferdebestand in Deutschland noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts erklärt. 1949 erreichte der Pferdebestand beispielsweise in Schleswig-Holstein mit 177.339 seinen Höchststand. Das "große Pferdesterben" setzte erst einige Jahre später ein.
Die Landwirtschaft in Deutschland war also weiterhin von Pferden, Ochsen und Kühen als Zugtieren und nicht von Zugmaschinen geprägt.
Doch auch in Deutschland experimentierte man mit Ackermaschinen, die durch den Verbrennungsmotor - sehr viel kleiner und auch billiger als sein Vorgänger die Dampfmaschine - angetrieben wurden. Eine dieser Ackermaschinen war neben den Ackerfräsen und den Motortragpflügen der Traktor, doch bis zum Ende des Ersten Weltkrieges gab es nur wenige Prototypen oder einige importierte Modelle wie den "Mogul" aus den Staaten, die sich aber noch nicht erfolgreich durchsetzen konnten.
Maschinen mit Verbrennungsmotoren waren also auch schon in Deutschland wie in den USA vor dem Ersten Weltkrieg verbreitet, jedoch in unterschiedlichem Maße, wobei einer der Hauptfaktoren dieses Unterschiedes mit Sicherheit die Betriebsgröße der Höfe in den jeweiligen Ländern war. Denn der Einsatz von Ackermaschinen wie des Trecker rentierte sich erst ab einer Betriebsgröße von 50 bis 75 ha, meist sogar erst ab einer Größe von 100 ha und mehr, wie Mitte der 20er Jahre Prof. Martiny errechnet. 1924/25 setzen weniger als 1% der landwirtschaftlichen Betriebe unter 50 ha im Deutschen Reich einen Traktor oder einen Motortragpflug ein. Auch bei den Betrieben von einer Größe von 50 bis 100 ha waren es nur 5 %. 19 % aller Betriebe von 100 bis 200 ha und immerhin schon 32 % derer über 200 ha verwendeten zu der Zeit derartige Maschinen, die meist den Hofbesitzern gehörten. Doch diese Zahlen täuschen ein wenig darüber hinweg, dass nur etwa 2,9 % der Betriebe in den 20er und 30er Jahre über eine Hofgröße von über 50 ha verfügten und dass nur circa 90.000 Besitzer derartiger Höfe diese Maschinen auch wirklich sinnvoll und rentabel einsetzen konnten. Diese Großbetriebe befanden sich überwiegend an der Ostsee in Mecklenburg und in Ostpreußen.
Allmählich setzte sich aber der Trecker in diesen Betrieben gegenüber dem Dampfpflug durch, da er preisgünstiger, leistungsfähiger und vielseitig verwendbar war. So bestellten 1933 bereits 23.953 Betriebe ihre Felder mit Traktoren, 1.393 hingegen nur noch mit dem Dampfpflug.
Doch aufgrund der fehlenden Erdölvorkommen in Deutschland schlug man in den 20er Jahren einen anderen Weg im Motorenbau ein als in den USA. Während in den USA hochwertige Treibstoffe sehr preisgünstig waren, die Traktoren nur an wenigen Tage im Jahr genutzt wurden und somit der Bau von Motoren, die mit preiswerteren, qualitativ niedrigeren Treibstoffen liefen, nicht notwendig war, musste man in Deutschland umdenken und einen Motor konstruieren, der auch mit billigen Schwerölen fuhr. Dies erreichte man mit den Diesel- und Glühkopfmotoren, durch die man von den teuren, importierten Leichtbenzinen unabhängig war.
Der erste Ackerschlepper mit einem Dieselmotor war den "Benz-Sendling-Schlepper S 7" von 1923. Doch den größten Erfolg hatte Lanz/Mannheim mit seinem "Bulldog HL" zu verbuchen, der ab 1921 auf dem Markt war. Er hatte einen Glühkopfmotor, der mit einer Lötlampe erwärmt werden musste. Dies war zwar eine umständliche, aber zuverlässige Methode, den Motor zum Laufen zu bringen.
Eigentlich war der erste "Bulldog" gar nicht als Ackerschlepper gedacht, doch für die Landarbeit erwies er sich als äußerst geeignet. So entwickelte Lanz 1923 einen verbesserten Ackerschlepper, den "Ackerbulldog HP", der allradgetrieben war und über Greifräder verfügte. Doch der hohe Verkaufspreis war für die meisten Bauern nicht erschwinglich und führte dazu, dass die Produktion 1926 mit 723 Exemplaren bereits wieder eingestellt wurde.
Doch nicht nur die fehlende Betriebsgröße erschwerte es dem Traktor in Deutschland, sich so rasch wie in den USA durchzusetzen, auch staatliche Maßnahmen zur Sicherung der deutschen Industrie waren einer Ausbreitung im Wege.
Die deutsche Landmaschinenindustrie und einflussreiche Kreise hatten bei der Reichsregierung ein Importverbot des "Fordson" erwirkt, weil die deutschen Unternehmen gegenüber dem mächtigen Ford nicht wettbewerbsfähig waren und um ein gleiches Schicksal fürchteten wie einige kleinere Betriebe in den USA, die ihre Produktion einstellen mussten. So entwickelten die Deutschen, genauer: die Firma Pöhl, ihren eigenen Traktor: die "Pöhl-Ackerbaumaschine", die dem "Fordson" zwar ähnlich in Leistung und Technik war, aber um ein Mehrfaches teurer war. Die Herstellungskosten des "Fordsons" betrugen ungefähr 1.900 Goldmark, die des Pöhl-Schleppers hingegen 7.000 Goldmark.
Jedoch das Interesse der Deutschen an den leistungsstarken und dennoch verhältnismäßig preisgünstigen "Fordsons" blieb bestehen. So erwirkte beispielsweise der Kommerzienrat Graetz 1921 anlässlich der Frankfurter Messe bei der deutschen Reichsregierung die Einfuhr von acht "Fordsons", die danach aber nicht zurück nach Amerika verschifft wurden, sondern auf seinen eigenen Ländereien zum Einsatz kamen. Auch das Ruhrgebiet und das Rheinland, wo die Einfuhrbeschränkungen für die amerikanischen Schlepper keine Gültigkeit besaßen, wurden zu Abnehmern der "Fordsons".
Erst im Frühjahr 1924 wurde eine begrenzte Einfuhr des "Fordson" zugelassen, der sogleich einen reißenden Absatz in Deutschland fand und so die deutschen Hersteller zum Umdenken zwang. Die ersten 500 "Fordsons" waren sofort nach der Auslieferung ausverkauft, und bereits 1925 war jeder siebte in Deutschland neuerworbene Traktor aus dem Hause des nordamerikanischen Autokönigs.
Um konkurrenzfähig zu bleiben, stiegen auch die deutschen Schlepperhersteller auf Serienproduktion um und nahmen sich die Grundprinzipien des "Fordson" zum Vorbild. Als erster deutscher "Fordson" kann der deutsche "Hanomag-WD-Radschlepper" mit 28 bis 32 PS bezeichnet werden. Da der Wettbewerb in den 20ern unter den einzelnen Produzenten sehr hart war, waren die Werbestrategien dementsprechend ausgefallen. So wurde für den "Hanomag-WD-Radschlepper" vom 2. September bis zum 28. Oktober 1926 eine Karawane, bestehend aus eben diesen Schleppern, an der Ostsee entlang durch Norddeutschland veranstaltet, die dann allerorts durch Schaupflügen ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellten.
Doch auch der Staat nahm sich in den 20er Jahren der deutschen Schlepperindustrie an. Wie schon zuvor erwähnt, griff er zunächst dadurch ein, dass er den Import des "Fordson" bis 1924 unterband, um die deutsche Industrie vor den preisgünstigen Massentraktoren zu schützen.
Er unterstützte aber auch die Finanzierung von Landmaschinen durch eine 1924 gegründete "Finanzierungsgesellschaft für Landkraftmaschinen" (FIGELAG oder Traktorbank), die Kredite an die Landwirte vergab, die deutsche Schlepper kaufen wollten. Der Kauf eines "Fordson" hingegen wurde nicht finanziell unterstützt.
Dem Reichsernährungsministerium zugeordnet war der "Reichsausschuss für Technik in der Landwirtschaft", der die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft fördern sollte und der 1928 in einen eingetragenen Verein, das "Reichskuratorium für Technik in der Landwirtschaft" (RKTL), umgewandelt wurde. Dessen Schwerpunkt lag bei den Traktoren. So wurden ein Schlepperprüffeld in Potsdam-Bornim und die "Deutsche Landmaschinenschule" (DEULA) von ihm ins Leben gerufen. Die DEULA bot vierwöchige Lehrgänge für Schlepperführer an, und bis März 1929 hatten 1.900 Männer an ihnen teilgenommen.
Ein norddeutscher Produzent von Schleppern zu dieser Zeit war Karl Ritscher, der eine Werft in Moorburg bei Hamburg geerbt hatte und 1920 nach Amerika fuhr, um die dortige Technik vor Ort kennenzulernen. Wohl tief beeindruckt von der dortigen Traktorproduktion begann er nach seiner Rückkehr mit dem Schlepperbau. Sein Prototyp war nach amerikanischem Vorbild der Raupenschlepper "Panther" mit 20 PS, der Vorgänger der heutigen Kettenfahrzeuge. Nachdem 1921 die ersten Raupenschlepper verkauft waren, ließ er eine Produktionshalle errichten und nach Fords Vorbild in Fließbandfertigung die "Graue Maus" herstellen. Doch die "Moorburger Traktoren Werke" (MTW) hatte im Vergleich zu den deutschen Produktionsgrößen Lanz und Hanomag und dem Amerikaner Ford eher eine kleine Produktion und tauchen in Statistiken über eingesetzte Schleppern in den 20er Jahren unter "ferner liefen" auf. 45,5 % der Schlepper waren 1930 "Lanz-Bulldogs", 17,4 % Hanomags und 21,0 % "Fordsons". Die Moorburger Raupenschlepper rangieren unter den 10,3 % anderer deutscher Fabrikate.

In den 30er und frühen 40er Jahren

Innovationen in den 30er Jahren

Zu Beginn der 30er Jahre stagnierte die Schlepperentwicklung zunächst durch die Weltwirtschaftskrise, die auch bei den marktführenden Anbietern ihre Spuren hinterließ und zu einer großen Absatzkrise von Landmaschinen führte.
Doch dann zeichnete sich die folgende Zeit durch durchschlagende technische Neuerungen in der Traktorentwicklung aus. Der Dieselmotor setzte sich durch, und die Zapfwelle, die beispielsweise den Strom vom Traktor zum angehängten Mähdrescher weiterleitete, wurde serienmäßig eingebaut und schließlich 1940 normiert, so dass nun jeder Traktor jedes Gerät verschiedener Hersteller antreiben konnte.
Die entscheidenden Innovationen kamen jedoch wieder einmal aus den USA.
Anfang der 30er Jahre wurde in den USA der Ackerluftreifen entwickelt, der sich dort schnell durchsetzte. Hanomag und Lanz rüsteten 1928 und 1930 zwar ihre Straßenmaschinen mit Luftreifen aus, doch für Traktoren waren diese noch nicht geeignet. Erst die Continentalwerke in Hannover entwickelten die speziellen Ackerluftreifen, die 1934 in Produktion gingen und dann auch in Deutschland guten Absatz fanden. Die Vorteile des Luftreifen gegenüber dem Eisenrad lagen darin, dass bei relativ geringem Bodendruck die Luftreifen die Zugleistung des Schleppers um ca. 30 % steigerten und der Übergang vom Acker auf die Straße nun problemlos verlief. Denn bei den Eisenrädern mussten immer Straßenkränze oder ähnliches montiert werden, um die Straße nicht zu beschädigen, wenn die Schlepper mit Eisenrädern überhaupt für den normalen Straßenverkehr geeignet waren. Die Zapfwelle und die Luftreifen machten den Traktor nun zur "bäuerlichen Universalmaschine", die mittlerweile 50 bis 60 % der landwirtschaftlichen Arbeiten ausführen konnte.
Eine Neuerfindung von 1924, aber diesmal speziell auf den amerikanischen Maisanbau ausgerichtet, war der "Farmall", ein Hackfruchtschlepper, der durch seine beiden eng zusammenstehenden Vorderräder wie ein Dreirad aussah. Er wurde zum meist verkauften Schleppertyp in den USA, da er das ideale Arbeitsgerät für das Maishacken war, denn die Maispflanze wurde durch die kurze Vorderachse nicht beschädigt. Am 12. April 1930 wurde bereits der 100.000. "Farmall" ausgeliefert.
Wie einige Jahre zuvor bei den Raupenschleppern aus den USA war es wiederum Karl Ritscher, der diesen Treckertyp nach Deutschland brachte. Nach einem zweiten Amerikaaufenthalt 1935 begann er in seinem Werk in Moorburg mit der Herstellung deutscher Dreiradschlepper. Die erste 12 PS starke Maschine wurde im Mai 1937 auf der Reichsnährstandschau in München vorgestellt. Spätere Modelle mit noch stärkeren Motoren wurde in großen Stückzahlen verkauft, was wohl nicht zuletzt an der Wendigkeit des Dreirades lag. Der Erfolg dieses Gefährtes gerade bei Landwirten kleinerer und mittelgroßer Betriebe bewirkte, dass Ritscher sich auf dessen Produktion für Deutschland spezialisieren konnte, denn die großen Konkurrenten Lanz und Hanomag stellten die Dreiradschlepper nur für den Export her. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg stellte Ritscher die deutschen Dreiräder her, bis der Betrieb, nach Sprötze/Lüneburger Heide verlagert, schließlich von den Russen 1947 demontiert wurde.
Eine weitere Innovation aus den USA, die den Traktor erst zu einer nahezu perfekten Zugmaschine in der Landwirtschaft machte, sich aber dennoch in Deutschland erst nach 1945 durchsetzte, ist die Dreipunktaufhängung mit hydraulischem Kraftheber. Diese Dreipunktaufhängung, vom Iren Harry Ferguson entwickelt und seit 1922 an den "Fordson"-Traktoren serienmäßig angebracht, übertrug die Kraft vom Traktor auf den Pflug so geschickt, dass der Pflug im Boden grub, aber der Traktor sich nicht mehr wie bisher aufbäumte, da die Vorderachse nun mehr belastet wurde. Optimiert wurde diese Neuerung noch durch den hydraulischen Kraftheber, ebenfalls von Ferguson 1934/35 entwickelt, der es nun den Landwirten ermöglichte, seine Anbaugeräte bequem anzuheben und abzusenken. Die ersten Schlepper mit dieser Vorrichtung stellte der Brite David Brown 1936 her, drei Jahre später produzierte auch Henry Ford seine Traktoren mit diesem System.

Staatliche Eingriffe in der NS-Zeit

Wie schon erwähnt, machte die Weltwirtschaftskrise auch den Schlepperproduzenten schwer zu schaffen. Doch auch von staatlicher Seite her wurde ihnen das Leben seit Hitlers Machtergreifung zunächst nicht leicht gemacht.
Denn gemeinsam mit dem neuen Reichsbauernführer Darré erhielten Agrarpolitiker Einfluss, die an Vorstellungen über die Landwirtschaft hingen, die ins 19. Jahrhundert gehörten: ohne Ackermaschinen und Ackerschleppern. So fielen 1933 dann auch zahlreiche Ackerschlepper den "Maschinenstürmern" zum Opfer und wurden durch Zuckerstücke im Tank und Putzwolle im Auspuff zur Betriebsunfähigkeit verdammt.
Die "braunen Schleppergegner" hatten wohl nicht zuletzt mit der Zerstörung der Schlepperindustrie im Auge, die industriellen Produktionskapazitäten der Rüstungsindustrie zur Verfügung zu stellen. Aber auch die Pferdezüchter witterten Misstrauen gegen den neuen Industriezweig, sahen sie doch die Nachfrage und somit ihre Existenz gefährdet, was sich auch bewahrheitete - allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als der Schlepper den Klepper endgültig verdrängte. So arrgangierten sie zum Teil skurrile Wettkämpfe Zugpferd gegen Schlepper beispielsweise anlässlich der "Grünen Woche" in Berlin Ende der 20er, als ein Traktor im Wettkampf gegen zwölf Pferde einen schweren Anhänger durch eine Sandgrube ziehen musste. Der Traktor hatte in der tiefen Sandgrube allerdings keine Chance gegen die zwölf wendigen, durch Peitschen angetriebenen Pferde, was wohl auch die Absicht gewesen sein dürfte.
Doch mit steigender Konjunktur bröckelte auch allmählich die Front der Schleppergegner im Dritten Reich. Denn 1936 herrschte bereits ein derartiger Facharbeitermangel in der Industrie, dass man die Landarbeiter, wie Schnitter und Pferdeknechte, dort benötigte. Um nun aber in der Landwirtschaft und in der Nahrungsmittelproduktion keine Einbußen zu erleiden, brauchte man auf auf Land hingegen nun die Schlepper. Die Nationalsozialisten drehten das Ruder daher um 180° , und es hieß 1938: "Wir brauchen noch 500.000 Ackerschlepper.". Nun wurde die Produktion nicht mehr behindert, sondern sogar gefördert. Auch die Pferdehalter hatten sich beruhigt und eingesehen, dass es "sowohl...als auch" ging und nicht nur "entweder...oder". Häufig wurden die Maschinen als "Spitzenbrecher" eingesetzt und die Pferde erledigten den Rest. Es gab also noch ein Miteinander von Pferd und Traktor.
Insgesamt nahm die Anzahl der Schlepper, überwiegend mit den neuen Gummireifen und gut zur Hälfte mit einem Dieselmotor ausgestattet, von 1933 bis 1939 in Deutschland von ca. 24.000 auf 66.000 zu. In den USA waren 1939 mittlerweile schon 1,5 Mio. Traktoren im Einsatz. Im selben Zeitraum stiegen dementsprechend auch die Umsätze der Landmaschinenindustrie jährlich um 24 %. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nahm dieser Boom ein Ende, bis die Umsätze 1945 praktisch bei Null angelangt waren.
Die großen Ackerschlepper mit über 25 PS wurden von den Gutsbesitzern gekauft. Diese waren aber für die politisch geförderte Bauernschicht meist unerschwinglich. Die Lösung dieses Problems boten die Kleinschlepper, die sogenannten "Bauernschlepper", deren Leistungsstärke von 11 bis 20 PS lag und die zu einem Preis von 3000 bis 4000 Reichsmark zu haben waren. Durchschlagend war des Erfolg des "Elfer-Deutz" aus Köln mit 11 PS und großzügiger, modernster Ausstattung. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden 10.000 seiner Bauart ausgeliefert. Auch andere Firmen bauten vergleichbare Modelle, wie Lanz den "Bauernbulldog" oder Hanomag den "RL 20".
Von den Kriegsvorbereitungen der Nationalsozialisten profitierte die Landmaschinenindustrie, denn man hatte einerseits im Sinn, die Produktivität der eigenen Landwirte zu steigern, um das Land autark zu machen, und andererseits wollte man die Landarbeiter durch Maschinen ersetzen, um möglichst viele Leute für Armee und Rüstungsindustrie zur Verfügung haben. Nebenbei wurde 1939 eine Typenbegrenzung eingeführt mit dem Ziel, größere Serien billiger produzieren zu können. 17 Typen wurden beibehalten, 45 abgeschafft.
Ferdinand Porsche versuchte in großer Stückzahl einen sogenannten "Volkschlepper" herzustellen. Anfänglich sollten 100.000, später sogar 300.000 Traktoren in Waldbröl (Rheinland) produziert werden. Das unrealistische Vorhaben - im Deutschen Reich gab es 1939 nur rund 100.000 Schlepper insgesamt - scheiterte mit Kriegsbeginn.
Die NS-Zeit trieb noch eine weitere interessante Stilblüte in puncto Landmaschinenindustrie: Wieder mit der Absicht, von den Benzinlieferungen der feindlichen Staaten unabhängig zu sein und auch, um flüssige Treibstoffe für die Wehrmacht und für das Transportgewerbe zu sparen, wurden die Holzgasgeneratoren eingeführt, die auch einheimische, feste Brennstoffe wie Holz oder Holzkohle verwerten konnten. Eine "Verordnung über den Einsatz von Schleppern in der Landwirtschaft" vom 11. November 1939 untersagte es sogar ausdrücklich unter Androhung von Ordnungsstrafen bis zu 10.000 Reichsmark, die Traktoren außerhalb der notwendigen Feldarbeit und zum Betreiben von ortsgebundenen Dreschmaschinen zu verwenden. Doch diese Maßnahme allein reichte nicht, um im größeren Rahmen Treibstoff einzusparen, da mittlerweile auch der Krieg eingesetzt hatte und die Wehrmacht einen entsprechend hohen Kraftstoffbedarf hatte.
Daher wurde vom RKTL 1939 eine Forschungsstelle "Gasschlepper-Entwicklung" ins Leben gerufen. Die Idee des Gasgenerators war nicht neu. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte man in Großbritannien und in Frankreich mit den ersten Generatoren dieser Art experimentiert. Die Lizenz für den besten Generator, vom Franzosen George Imbert entwickelt, erkaufte sich der deutsche Unternehmer Johannes Linneborn in den 30er Jahren. Trotz stetiger Weiterentwicklung des Gasgenerators gab es 1938 aber lediglich 88 zugelassene Gasgeneratorschlepper im gesamten Deutschen Reich.
Doch aufgrund des herrschenden Treibstoffmangels wurde dieses Stiefkind der Schlepperindustrie nun für kurze Zeit zum Lieblingskind. Die Forschungsstelle entwickelte eine "Einheitsgenerator", und seit Anfang 1942 wurden Gasschlepper in Deutschland in Serie gefertigt. Außerdem errichtete man im ganzen Land ca. 2.000 Holztankstellen, an denen trockenes Holz in Streichholzschachtelgröße verkauft wurde. Andere Traktoren konnten umgerüstet werden, was allerdings ziemlich kostspielig (1.200 bis 2.500 Reichsmark je nach Schleppertyp) war. Daher wurden viele Schlepper erst einmal stillgelegt. Glücklicherweise hatten die meisten Landwirte - wohl in weiser Voraussicht oder einfach mit gesundem Misstrauen der neuen Technik gegenüber - noch ihren alten Zugtierbestand beibehalten, der nun wieder voll zum Einsatz kam.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion der Holzgasschlepper jedoch aufgrund ihrer niedrigen Leistung und ihrer komplizierten wie gefährlichen Handhabung wieder fast vollständig eingestellt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Traktorenentwicklung von 1945 bis heute lässt sich in drei Phasen einteilen: 1945 bis 1949 lässt sich als Such- und Improvisationsphase beschreiben. Die Jahre 1950 bis 1961 umfassen die Boomjahre und seit 1962 befindet sich die Entwicklung in einer Phase, in der zwar stetig die Schlepperleistung anwächst, die Zulassungszahlen aber rückgängig sind.
Bis 1948 tat sich im deutschen Schlepperbau - wie wohl in der gesamten Industrie - gar nichts. Die Anlagen waren entweder zerstört oder demontiert. Etwa 70.000 Traktoren hatten in Deutschland den Krieg überstanden - mehr oder weniger -, denn die meisten waren defekt, und es gab keine Ersatzteile, oder sie konnten wegen der Gasgeneratortechnik oder wegen fehlenden Treibstoffes nicht betrieben werden. Der Bedarf war also durchaus vorhanden, konnte aber nicht gedeckt werden. Aber glücklicherweise besaßen die Landwirte ja nach wie vor ihre Zugtiere, die ein weiteres Mal zum Einsatz kamen.
Doch ab 1948, dem Jahr der Währungsreform, ging es dann Schlag auf Schlag: Mit Stolz verkündete die Schlepperindustrie, die bis dahin - wenn überhaupt - nur Ersatzteile für ramponierte Traktoren gefertigt hatte, dass sie in diesem Jahr bereits wieder rund 8.000 Traktoren produziert habe. Im kommenden Jahr waren es schon 24.000, 1950 52.000 und im darauffolgenden Jahr bereits das Zehnfache des ersten Produktionsjahres nach dem Weltkrieg: 80.000.
Mit dem Wirtschaftswunder in den 50ern setzte zugleich auch die Vollmotorisierung und die Mechanisierung in der deutschen Landwirtschaft ein. Eine entscheidende Bedeutung kommt hierbei dem Traktor zu. In der sogenannten Boomphase wurde eine so große Anzahl von Schleppern produziert, verkauft und zugelassen, die bis heute nicht mehr erreicht worden ist. Das Spitzenjahr in dieser Phase ist 1955, in dem 140.000 Traktoren produziert und 97.867 neu zugelassen wurden.
Auch gab es in dieser Zeit wieder eine Vielzahl von deutschen Produzenten: 1950 zählte man 27 Hersteller, die mindestens einen Marktanteil von 0,2 % erreichten. Auch Karl Ritschers kleiner Betrieb aus Moorburg in der Lüneburger Heide findet sich in dieser Aufstellung mit einem Marktanteil von 0,8 %. Zunächst hatte Ritscher seine Produktion damit begonnen, seine alten Dreiradschlepper mit vier Rädern zu versehen. Später in 50ern entwickelte er dann einige neue Schleppertypen, die gerade im norddeutschen Raum zur Motorisierung der Landwirtschaft beigetragen haben. Aber 1961 nach den großartigen Boomjahren konnte er seinen verhältnismäßig kleinen Betrieb nicht mehr halten und veräußerte ihn an die Berliner Maschinenbau AG.
In den Boomjahren wurden ebenfalls viele technischen Neuerungen an den Traktoren vorgenommen: Luftkühlung bei Dieselmotoren, Allradantrieb, Direkteinspritzung, Frontlader und Geräteträger machten den Traktor zu einer universal einsetzbaren Maschine in der Landwirtschaft.
Doch ab etwa 1962 schien der Markt erst einmal gesättigt zu sein, und es setzte die letzte Phase in der Traktorenentwicklung ein. Wie schon erwähnt, charakterisiert man diese Phase mit der stetigen Verbesserung in der Technik der Traktoren doch mit rückgängigen Verkaufszahlen. Die Einflussfaktoren sind darin zu suchen, dass die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den letzten 40 Jahren ständig abgenommen hat. Gab es 1949 beispielweise noch 1,323 Mio. Betriebe mit über 2 ha Nutzfläche, so waren es im Jahr 1980 nur noch 695.000. Die landwirtschaftliche Nutzfläche hat sich im gleichen Zeitraum allerdings nicht so drastisch verringert: Sie sank von 13,44 auf 12,03 Mio. ha. Die Tendenz besteht also darin, dass die Landwirte gezwungen sind, ihre Höfe entweder ganz aufzugeben oder zu vergrößern, um auf Massenproduktion umzusteigen, da ein kleiner Betrieb in den heutigen Zeiten nicht mehr rentabel ist.
Ein weiterer Gesichtspunkt, warum die Neuzulassungen von Traktoren rückläufig sind, liegt bei den Traktoren selbst. Denn aufgrund ihrer guten Haltbarkeit und ihrer sehr niedrigen Festkosten sind nur verhältnismäßig wenige Traktoren seit dem 2. Weltkrieg verschrottet worden. Laut einer Erhebung gab es 1986 in der Bundesrepublik etwa 1,65 Mio. Traktoren, deren Durchschnittsalter bei stolzen 16 Jahren lag!
Wie auch die Autos wurden die Traktoren in den letzten 30 Jahren schneller (viermal soviel PS), leichter, leiser und mit aufgefeilterer Technik und Komfort (Radio!) versehen. Seit Mitte der 70er hat man schließlich auch den Traktorfahrer "entdeckt": Die Umsturzvorrichtung wurde zur Pflicht und bewirkte einen Rückgang der Umsturztoten von etwa 180 auf 25 im Jahr. Auch setzten sich allmählich die "leisen" Fahrerkabinen durch, die den Fahrer neben Regen und Wind auch vor dem Motorenlärm schützen.

Soziale Auswirkungen

Die Vollmotorisierung der deutschen Landwirtschaft brachte auch einige Veränderungen für die Landwirte und das Landleben selbst mit sich. Eine der gravierendsten, die auch das Bild des Dorfes veränderte, ist sicherlich das "große Pferdesterben", daß mit der Nachkriegszeit und dem Anstieg der Traktorenbesitzer einsetzte. Mit der ersten kleinen Mechanisierungswelle in den 30er Jahren wurde der Pferdebestand nur geringfügig verringert. Er sank im Deutschen Reich zwischen 1930 und 1940 von 1,54 auf 1,4 Mio. Die völlige Umstellung von Zugtieren auf Ackerschlepper fand dann aber, wie oben dargelegt, in den 50er und 60er Jahren statt, und der Bestand von Zugpferden verringerte sich zwischen 1950 und 1970 von 1,2 Mio. auf nur noch 200.000 Pferde in der Bundesrepublik. Für Schleswig-Holstein gibt es entsprechende Zahlen: Der Pferdebestand fiel zwischen 1949 und 1970 von 177.339 auf ca. 17.000. Neun von zehn Pferden wurden also innerhalb von 20 Jahren abgeschafft. Die restlichen Pferde dienen in der heutigen Zeit nur noch als Sport- und Freizeittier. Nach rund 5000-jährigem Gebrauch als Zugtier wurde das Pferd in nur zwei Jahrzehnten vom Traktor verdrängt, deren Bestand von ca. 100.000 auf 1,5 Mio. (BRD) in diesen Jahren anstieg. Es lässt sich also fast sagen, dass rein zahlenmäßig ein Traktor ein Pferd ersetzte, obwohl der Schlepper natürlich über eine viel größere Leistung verfügt. Auch Kühe und Ochsen wurden als Zugtiere vollständig abgeschafft. Sie dienen heute nur noch als Milchkühe oder als Mastvieh. Die Tiere sind also als Helfer praktisch vom Bauernhof und aus dem Dorfbild verschwunden, wenn man vom Zuchtvieh absieht, der Hof ist zu einem "Maschinenpark" geworden.
Nicht zu vergessen ist, dass mit dem sinkenden Pferdebestand auch gleichzeitig ganze Berufzweige wie Hufschmiede oder Sattler eingegangen sind, die noch vor dem Zweiten Weltkrieg auf jedem Dorf unentbehrlich waren. Doch taten sich im Gegenzug auch neue Berufszweige wie der Landmaschinenvertrieb, -verleih und -reparaturservice auf. So finden sich heute im Bereich Kiel allein 61 Betriebe für Landmaschinen.
Doch der Schlepper, vom ungelenken Zuggerät zum "Tausendsassa" gereift, machte nicht nur die Zugtiere überflüssig, sondern auch menschliche Arbeitskräfte in der Landwirtschaft.
Schon in den Jahren von 1882 bis 1939 hatte sich die Zahl der Vollbeschäftigten auf dem Land von 16 auf 12,26 Mio. verringert. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg schrumpfte die Zahl der Beschäftigten von 4 Mio. im Jahr 1950 auf ca. 1 Mio. in der heutigen Zeit. Der landwirtschaftliche Betrieb ist durch die Mechanisierung und Motorisierung zum einem Ein-Mann-Unternehmen geworden. Durch den Geräteträger kann der Traktor beispielsweise mehrere Vorgänge gleichzeitig und kombiniert auf dem Feld erledigen, während der Landwirt nur das Fahrzeug steuert.
Diese relativ einfache Tätigkeit, für die keine besondere körperliche Kraft mehr nötig ist, wie vor einigen Jahrzehnten noch zum Pflügen mit sturen Ochsen oder Kleppern, kann auch von schwächeren Menschen übernommen werden. Ein Indiz für diese Tatsache ist, daß man die Führerscheinklasse V für Traktoren bereits mit 16 Jahren erwerben kann, das heißt, der Gesetzgeber hat sich darauf eingestellt, und der Landwirt darf offiziell seine minderjährigen Kinder Landarbeit mit dem Schlepper verrichten lassen. Dieser mögliche Mehreinsatz der eigenen Kinder macht fremde Arbeitskräfte ebenfalls überflüssig.
Doch trotz des ständigen Sinkens der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Nahrungsmittelproduktion verdoppelt. Da sich also die Zahl der Vollarbeitskräfte zwischen 1950 und 1985 geviertelt und die Produktion verdoppelt hat, kann man von einer Steigerung um das Achtfache dank der Landmaschinen, unter denen neben dem Mähdrescher auch der Trecker zu nennen ist, sprechen. Ein Landwirt schafft mit Hilfe seiner Maschinen demnach heutzutage die Arbeit, die früher acht Personen geleistet haben.
Wie der Traktor allerdings auch ins private Familienleben eingreifen kann, zeigt der Bericht einer Landwirtsfamilie aus Westfalen, über ihr nun "unstetes Leben", nachdem sie ihren ersten Ackerschlepper, einen "Elfer-Deutz", erworben hatte. Dieser Bericht macht wohl jeden Kommentar überflüssig:
"Als der Opa früher nur mit den Pferden die Felder bewirtschaftete, herrschte in dem landwirtschaftlichen Betrieb und auch im Haushalt Ordnung und Pünktlichkeit. Oberstes Gebot für Opa war die Einhaltung der Fütterungszeiten für die Pferde. Punkt 12 Uhr mittags mussten die Pferde im Stall stehen und wurden gefüttert. Spätestens um 19 Uhr mussten die Pferde wieder im Stall stehen, um gefüttert zu werden. Zu diesen Zeiten war dann die Familie beisammen und die Hausfrau konnte das Essen auf den Tisch bringen.
Als dann der Trecker auf den Hof kam, war es mit der Pünktlichkeit vorbei. Der Trecker brauchte nicht gefüttert zu werden, und so kam es immer häufiger vor, dass auf dem Felde solange gearbeitet wurde, wie entweder der Kraftstoff reichte, oder es noch hell war.
Die Oma in der Küche, die für das leibliche Wohl zu sorgen hatte, war von dem Kauf des Treckers jedenfalls gar nicht begeistert."


Verfasser unbekannt